Wieviel Kind verträgt der Job? Müssen wir Frauen uns diese Frage im Jahr 2017 wirklich noch stellen? Viele Frauen sind gut ausgebildet, trotzdem verdienen sie noch immer weniger als Männer, sind seltener in Führungspositionen oder arbeiten in Teilzeitberufen. Die Hauptlast der Kinderbetreuung liegt noch immer auf uns Mamas. Nicht nur das, auch Frauen, die sich für eine Karriere mit Kind entscheiden, gelten in unserer Gesellschaft noch immer als Rabenmütter.

Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März lud die Zeitschrift WIENERIN ins „Haus der EU“ in Wien zu einer interessanten Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft, die über das Viereck: Beruf-Mütter-Kinder-Väter, Geschlechterstereotypen und die (Un-)Möglichkeit einer ausgewogenen Work-Life-Balance diskutierten.

Das moderne Männerbild: holt die Männer aus der 2. Reihe

20% der österreichischen Männer haben sich für die Elternkarenz entschieden, einer davon ist Dominik Gries von den Wiener Linien. Er teilt sich die Karenz mit seiner Partnerin 50/50 und kehrt danach Vollzeit in seinen Job zurück. Ihm fällt auf, dass er im Gegensatz zu seiner Partnerin viel soziale Anerkennung dafür erhält. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind für eine Väterkarenz geschaffen, trotzdem fühlen sich viele Männer noch immer wohl in der 2. Reihe – Was die Kinderbetreuung betrifft. Ein Kind bedeutet einen Umbruch im Leben beider Elternteile. Entscheidet sich der Vater für die Karenz, erlebt er eine wunderschöne Zeit und fühlt sich kompetent im Umgang mit dem Kind.

Laut einer Stepstone-Studie glauben 88% der Befragten, dass die Väterkarenz vom Arbeitgeber nicht gerne gesehen wird. 81% der Befragten befürchten außerdem Nachteile für die Karriere. Tatsächlich ist es so, dass Männer trotz Kind Karriere machen, viele auch aus der Vermutung heraus, der Partner, der zu Hause ist, macht es gerne. Zaghaft und langsam tut sich etwas in unserer Gesellschaft, aber noch nicht genug.

Väterbeteiligung durch finanzielle Anreize erhöhen

Seit 1. März 2017 gibt es das neue Kinderbetreuungsgeld. Neu ist das flexible, das die bisherigen vier Pauschalmodelle zu einem Kindergeld-Konto mit einer fixen Summe pro Kind zusammenfasst. Die einkommensabhängige Variante bleibt bestehen. Neu ist der bezahlte Familienzeitbonus für Väter sowie der Partnerschaftsbonus, wenn sich beide Elternteile die Kinderbetreuung 60:40 oder 50:50 aufteilen. Familienministerin Sophie Karmasin möchte mit dem neuen Gesetz die Väter mehr in die Kinderbetreuung miteinbeziehen. Das Prinzip der Partnerschaftlichkeit wird mit € 1.000,- zusätzlich finanziell vergütet. Eine klare politische Bekenntnis zu Familie und Partnerschaft. Speziell das Papa-Monat soll eine schnellere Väterbeteiligung an der Erziehung bewirken und den Vätern einen Vorgeschmack auf die Karenz nach dem ersten Jahr geben.

Leider sind die Möglichkeiten der Karenz für beide Elternteile in Österreich noch lange nicht so ausgereift, wie in Skandinavien. Karmasin führt dies auf historische und kulturelle Gründe zurück. Der späte Ausbau der Kinderbetreuung wird bei uns nicht als frühe elementarpädagogische Förderung gesehen, sondern noch immer als 2. Wahl nach der Mutter. Unsere Gesellschaft projiziert alles auf die Rolle der Mutter – das Wohlergehen des Kindes betreffend oder ist sie eine gute oder schlechte Mutter . Nach dem Vater wird in diesem Zusammenhang viel zu wenig gefragt.

Familienfreundlichkeit bringt Vorteile – auch dem Arbeitergeber

Die Stadtspionin Sabine Maier ist nicht nur Journalistin, sondern seit 10 Jahren selbstständig. Sie sagt, sie hatte großes Glück mit einem familienfreundlichen Arbeitgeber. Als Alleinerzieherin ohne Familiennetzwerk war der Umzug von Deutschland nach Wien für sie psychologisch nicht einfach. Nach einem Jahr Vollbeschäftigung war es für sie an der Zeit ihre Arbeitssituation zu verändern und sie kündigte. Ihr Arbeitgeber hat ihr das Angebot gemacht, die Stunden zu reduzieren, was für alle Beteiligten eine perfekte Situation war.

Der Arbeitgeber hat eine gute Mitarbeiterin behalten, wissend, wenn es besser wird und das Kind nicht mehr so viel Aufmerksamkeit braucht, die Mitarbeiterin Vollzeit zurück kommt. Nachweisbar haben familienfreundliche Unternehmen 23% weniger Krankenstände, und eine niedrigere Fluktuationsrate. Auch die Familien profitieren vom Wohlbefinden im Unternehmen.

Frau Maier hat sich dennoch selbstständig gemacht und möchte jede Frau darin bestärken das auch zu tun. Es gibt viele Herausforderungen, aber man kann es sich viel besser einteilen, diese Flexibilität fehlt in vielen Unternehmen.

Die Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung

Frau Dr. Edeltraud Hanappi-Egger ist die erste Rektorin der WU: 50% der Absolventinnen und Absolventen sind Frauen. Die letze Generation der AbsolventInnen ist gegenüber Unternehmen sehr viel fordernder geworden. Der Wunsch nach Flexibilität und Möglichkeiten, die seitens des Unternehmens angeboten werden wie Vereinbarkeit der Freizeit – hinsichtlich Sport, gesellschaftlichem Engagement und Hobbies ist bei ihnen größer als das Gehaltsthema. Sie schauen sich genau an, welche Firmen die entsprechenden Angebote haben.

Auch in der Wissenschaft selbst ist nach dem Doktorat die wissenschaftliche Karriere für Frauen oft nicht mehr interessant. Es gibt Karriereprogramme für Frauen im derzeitigen System, aber die Frage nach einer Änderung des Systems wird immer lauter.  Die WU als Arbeitgeber geht mir guten Beispielen voran: Kindergarten

Vereinbarkeit betrifft meistens Frauen

Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen ist wichtig – während im Ballungsraum die Infrastruktur vorhanden ist, fehlt sie meist in ländlichen Regionen. Dennoch ist das größte Problem nicht das Fehlen von Betreuungsplätzen, sondern die Stereotypen bezüglich Elternschaft.

Teilzeitarbeit in Österreich ist weiblich – 76,1% aller erwerbstätigen Frauen zwischen 25 und 49 mit Kindern unter 15 Jahren sind teilzeitbeschäftigt. Sind Frauen über einen längeren Zeitraum teilzeitbeschäftigt, bekommen sie später eine niedrigere Pension und sind sogar armutsgefährdet. In Österreich gibt es viel zu wenig spannende Jobs in Teilzeit oder Job-Sharing Modellen in Top-Positionen, die auch Vätern die Teilzeit schmackhaft machen. Was muss getan werden, damit sich auch die Väter für Teilzeit entscheiden?

Die Rollen der Eltern neu verteilen

Damit sich etwas ändern kann, muss ein Umdenken in unserer Gesellschaft passieren. Ein erster Schritt wäre die Möglichkeiten der Arbeit und der Kindererziehung zwischen Mutter und Vater neu aufzuteilen. Die Bewusstseinsbildung bei Vätern muss gestärkt werden – auch Männer haben den Rechtsanspruch auf Elternteilzeit. Flexible Arbeitszeiten für beide Eltern durch vollzeitnahe Teilzeitarbeit von 30-35 Stunden pro Woche können ein zusätzlicher Anreiz sein.

Nicht nur die Politik ist gefordert auch die Wirtschaft. Erst wenige Unternehmen bieten flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten oder Job-Sharing für Führungskräfte. Modelle wie diese machen eine partnerschaftliche Kinderbetreuung für beide Eltern lebbar. Sie bieten Familien einen Mehrwert: Unabhängigkeit, Karrieremöglichkeiten für beide Eltern und vor allem das Kind geniesst seine Zeiten mit beiden Elternteilen.

Mein Fazit

Viele Mamas versuchen zusätzlich zum Teilzeitjob noch „so viel Kind“ wie möglich unterzubringen, oft auch wegen dem schlechten Gewissen. Väterkarenz und eine stärkere Beteiligung bei der Kinderbetreuung stärkt die Rolle des Vaters und nimmt der Mutter viel Druck.

Eine Teilzeitbeschäftigung hat Vor- und Nachteile. Einer dieser Nachteile ist der, dass der Arbeitgeber dieselbe Leistung wie vorher im Vollzeitjob fordert, aber für weniger Geld in weniger Zeit. Gerade Führungskräfte und GutverdienerInnen, die in Eltern-Teilzeit gehen wollen, stehen häufig vor diesem Problem. Ich denke, deshalb entscheiden sich auch viele Väter gegen die Eltern-Teilzeit.

Auch für die Wiedereinsteigerin nach der Karenz ist die Rückkehr in die Berufswelt nicht einfach. Ihren alten Job macht oft jemand anderes, das Unternehmen weiß nicht so richtig wohin mit ihr und welche Aufgaben die Job-Rückkehrerin nun übernehmen soll, da sich ihre Rolle im Unternehmen völlig verändert hat nach der Karenzzeit. Oft sind es dann „wenig anspruchsvolle“ Tätigkeiten, die weder dem vorher Vereinbarten noch den Qualifikationen der Wiedereinsteigerin entsprechen. So etwas frustriert die Frauen und ist leider noch immer völlig normal. Häufig sind gutausgebildete Frauen davon betroffen, die vorher einen verantwortungsvollen Job im Unternehmen hatten.

Ich habe mich damals für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entschieden, wir planten die Karenz zu teilen. Doch mein Mann hatte Bedenken, dass sich die Väterkarenz negativ auf seinen Job auswirken könnte, da er noch nicht lange in einer neuen Position tätig war. Die geteilte Elternteilzeit war für uns nie ein großes Thema, und war obsolet, als ich meinen Job während der Karenzzeit verlor. Wir sehen die Elternschaft trotzdem als Partnerschaft, unterstützen uns gegenseitig und jeder von uns nutzt seine Zeit mit unserer Tochter so intensiv wie möglich und spielt den anderen frei, wenn er es braucht.

Ist dein Partner in Väterkarenz gegangen? Wie teilt ihr euch die Kinderbetreuung auf? Hast du einen verständnisvollen Arbeitgeber?

Hier geht’s zu den Experten-Tipps für einen geschmeidigen Wiedereinstieg in die Berufswelt.

Wie mein Fazit nach einem Jahr zurück im Job aussieht, lest ihr hier .

 

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